Liebe Menschenfreunde,
heute bin ich wieder ein bisschen traurig. Auf dem Schulhof hat mich Bernhard Ameise aus der anderen Klasse geärgert und meinte: „Du und deine dumme Kirche. Das ist doch alles veraltet und nicht mehr aktuell. Ich spiele lieber am Computer oder gucke TV anstatt in den Gottesdienst zu gehen, da ist es doch total langweilig. Zu Weihnachten zwingen mich meine Eltern mal mitzugehen, da ist es auch ok, aber sonst ist mir das alles egal. Und Gott gibt es auch nicht, den sieht man ja nicht einmal. Das ist ja alles nur Phantasie.“
Was er gesagt hat, hat mich richtig traurig, aber auch sehr nachdenklich gemacht. Mit wem könnte man besser darüber reden als mit Opa Ameise?! Nach der Schule bin ich gleich zu ihm gegangen, wir haben uns auf die Wiese vor unserem Ameisenhaufen gesetzt und auch Opa wurde erst einmal nachdenklich:
„Ach, mein kleiner Arthur, wo fange ich da am besten an, zu erzählen? Früher, als ich so klein war wie du, waren der Glaube an Gott und die Kirche noch wichtig für viele Menschen und auch Ameisen. Sie haben sich sogar gefreut und ihre besten Kleidungsstücken aus dem Schrank geholt, wenn der Gottesdienstbesuch anstand. Heute ist es für viele eher eine Last oder sie gehen gar nicht erst in die Kirche.“
„ Und warum ist das so, Opa?“.
„Das weiß ich leider auch nicht. Ich kann dir nur erzählen, was ich als Gründe vermute. Vielleicht sind die Menschen enttäuscht von der Kirche und ihren Vertretern hier auf der Erde oder sie sehen ihre Wünsche nicht erfüllt. Die Menschen haben oftmals auch Ausreden sich selbst und den Anderen gegenüber. Viele schieben es dann auf die fehlende Zeit, z.B. in den Gottesdienst zu gehen. Aber wie heißt es: Zeit hat man nicht, man muss sie sich nehmen.
Die Menschen haben andere Dinge im Kopf, wollen sich präsentieren, dafür scheint Kirche nicht standesgemäß und veraltet zu sein – dabei erfindet sich Kirche auch immer wieder neu.
Einige Menschen wollen vielleicht aber auch aus politischen, gesellschaftlichen oder finanziellen Gründen nichts mit der Kirche zu tun haben. Wer Mitglied der Kirche ist, muss nämlich auch die sogenannte Kirchensteuer zahlen. Das ist für manche Menschen viel Geld und das können oder wollen sie sich einfach nicht leisten, zumal sie auch glauben, dass die Kirche sowieso reich ist. Leider denken mittlerweile wirklich viele Leute so wie dein Klassenkamerad, Arthur.
Es gibt aber sicherlich auch genügend Menschen, die zwar an Gott glauben, aber nicht unbedingt in die Kirche gehen, sondern den Glauben lieber für sich persönlich leben. Vielleicht ist manchen Menschen und Ameisen ihr Glaube aber auch peinlich oder es ist einfach eine Art Modeerscheinung aus der Kirche auszutreten. Ich weiß es also wirklich nicht.
Aber auch, wenn es sicherlich viele Gründe gibt, warum die Menschen sich von Kirche und Glauben distanzieren, hat die Kirche doch viele Ideen, um sich attraktiv und modern zu machen und kann den Menschen einiges bieten.
Zunächst einmal sind Kirchen doch meistens schöne Gebäude, die man sich gerne einmal anschaut. Die Kirche mit ihrer mehr als 2000-jährigen Geschichte und ihren Anfängen bei Jesus und seinen Jüngern ist doch total interessant.
Ohne sie hätten wir zum Beispiel auch viel weniger Feiertage im ganzen Jahr und das wäre doch auch schade, oder? Die Kirche kann für die Menschen ein Zufluchtsort sein. Sie begleitet die Menschen bei schönen Ereignissen, wie zum Beispiel der Taufe, der Schuleinführung oder der Hochzeit.
Die Personen, die hier arbeiten, aber auch der Glaube können den Menschen Trost spenden bei traurigen Erlebnissen, beispielsweise, wenn sie krank sind oder jemand in ihrem Umfeld verstorben ist. Für manch einen Menschen ist der Pfarrer vielleicht Ansprechpartner in sonst einsamen Stunden.
Und ist die Vorstellung von einem Wesen, das immer für uns da ist, auch wenn man es nicht sehen kann, nicht irgendwie total schön. Toll finde ich auch den Glauben an die Engel, die einen unsichtbar beschützen können.
Die Kirche und der Glaube bieten auch schon den kleinen Kindern etwas. Zum Beispiel können sie in der Schule in den Religionsunterricht gehen, der sogar im Grundgesetz von Deutschland steht, oder sie besuchen die Christenlehre. Dort können sie Freunde treffen und mit Jemanden über Gott und die Welt sprechen, so wie du es gerade hier mit mir machst.
Die Kirche versucht den Menschen wichtige Werte, wie Glaube, Hoffnung, Liebe und Frieden zu vermitteln. Sie kann eine positive Gemeinschaft schaffen, in der nicht Jeder gegen Jeden handelt, sondern gemeinsam Dinge erreicht werden. Mit der Kirche und dem Glauben kann man aber auch seine Freizeit verbringen, z.B. wenn man im Chor mitsingt oder ein Instrument spielt – beispielsweise die Orgel oder Trompete.
Menschen können ein Ehrenamt begleiten oder im Gemeindekirchenrat tätig sein und dabei die Kirche unterstützen. Oder man geht mal zu einem Gemeindenachmittag und kommt dann mit Leuten aus verschiedenen Altersgruppen ins Gespräch und verbringt mit ihnen eine gute Zeit, in der man nicht nur den Menschen sondern auch Gott nahe sein kann.

Kirchengebäude können neben dem Ort der Freude aber auch Orte der Stille, des Innehaltens und des Nachdenkens sein. Sie bieten eigentlich für alle Anlässe etwas.
Zu Weihnachten sind die Kirchen meist voll, was ich gut verstehen kann, weil es auch mein Lieblingsfest ist. Der Rest des Jahres ist doch aber genauso wichtig, auch da gibt es schöne, kreative und spannende Gottesdienste. Im Moment sehen wir aber auch, dass Menschen großes Interesse an der Kirche zeigen.
In den letzten Wochen ging es ja in Rom viel um den Papst, den Chef der katholischen Kirche. Papst Franziskus ist ja leider am Ostermontag verstorben, der neue Papst Leo XIV ist schon gewählt. Zu beiden Ereignissen sind viele Menschen nach Rom gereist oder saßen vor den Fernsehern und wollten wissen, wie es nun mit der Kirche weitergeht.
Onkel August Ameise aus Italien war auch da und hat mir davon berichtet. Diese Hoffnung und die positive Stimmung zur Kirche und zum Glauben sollte man doch nutzen. Die Menschen sehnen sich nach positiven Dingen, wie z.B. Frieden auf der Welt, und Kirche kann zumindest versuchen, dazu beizutragen.
Außerdem versucht die Kirche als Gemeinschaft, auch eine Verbindung zu den anderen Religionen herzustellen und auch damit Menschen zusammenzuführen über verschiedene Grenzen hinweg. Das nennt man dann die sogenannte Ökumene. Auch Menschen und Ameisen, die gerne lesen finden in der Kirche etwas. Es gibt in den Gemeinden ganz tolle Gemeindebriefe und die Bibel als Buch der Bücher ist ja sowieso der Hit. Es ist jedes Mal spanend in die Kirche zu krabbeln und in ihr zu schmökern. Das nächste Mal nehme ich dich wieder mit, wenn du gerne möchtest.“
„Na das lasse ich mir doch nicht zweimal sagen, klar komme ich da gerne mit. Aber Opa, was passiert denn, wenn immer weniger Menschen diese ganzen tollen Dinge erkennen und bald niemand mehr zur Kirche geht?“„Tja, Arthur, dann gehen auch noch die positiven Dinge verloren. Und das kann doch keiner wirklich wollen. Die Verantwortlichen müssen sich dann überlegen, wie Kirche auch anders genutzt werden können. Das ist sogar im Moment schon so, dass in der Kirche Rockkonzerte stattfinden oder sie als Hotel, Wohngebäude oder sogar Fußballplatz genutzt werden.
Im schlimmsten Fall werden Kirchen zugesperrt, Gottesdienste gibt es nicht mehr, Menschen verlieren ihre Arbeit. Jeder von uns kann ein kleines bisschen dazu beitragen, dass es nicht so wird, indem wir Gutes weitererzählen, Dinge, die stören, bei den Verantwortlichen ansprechen und helfen, etwas zu ändern.“
Denkt mal darüber nach, ob Kirche und Glaube nicht doch aktuell sind oder wieder wichtiger werden können – auch in eurem Leben.
Einen schönen Sommer wünscht euch euer Arthur